Wir suchen
eine Weile und dann finden wir sie endlich. Die Rommé Spielkarten mit den extra
großen Buchstaben und Bildern für Senioren. Wahrscheinlich haben wir in meiner
Erinnerung mehr gespielt, als es tatsächlich der Fall war. Trotzdem ruft es
die besten Kindheitserinnerungen hervor. Damals als alles andere stillstand und
nur das Blatt, der nächste Zug und das Auslegen eine Rolle spielte. Vielleicht
ist es mein Versuch auch jetzt die Zeit anzuhalten. Eine Zeit in der mehr über
die Vergangenheit, als über die Zukunft geredet wird, weil die Zukunft nicht
mehr unendlich ist. Nun geht es um den Erhalt des Status quo und nicht mehr um
das Besserwerden. Opa sagt, Altwerden ist nichts für Feiglinge. Ich nicke und
merke, dass ich keine Ahnung habe, wie es ist, wenn man nicht mehr gesund wird.
Wenn man mit der Angst leben muss, dass die nächste Krankheit die letzte sein
kann. Wir beginnen zu spielen. Für mich ist alles ein Tick zu langsam. Ich
reiße mich zusammen, lege zur Entspannung die Karten immer wieder auf den
Tisch. Ich höre sie denken und kombinieren. Aber dann legt Oma aus und dann
Opa. Ich kann gar keine Karten ablegen, weil ich nicht die entsprechenden 30
Punkte zusammenkriege. Derweil klauen sie sich gegenseitig die Karten – Räuberrommé
– und kommen in Fahrt. Sie gewinnen ein Spiel nach dem anderen. Wir alle sind
vergnügt, weil wir merken, dass es noch geht, dass die Regeln nicht vergessen
sind und Opa nebenbei Witze machen kann. Die alten Erinnerungen kommen trotzdem
und irgendwann fällt die obligatorische Bemerkung, dass die Freunde mit
denen sie früher gespielt haben ja nun tot sind.